The Lady Astronaut Novels – Alternate History, Space Colonisation & Social Issues

Die Geschichte von Elma York, ehemals WASP Pilotin, Mathematikerin und nun Computer bei der International Aerospace Coalition. Die Geschichte einer Welt, in der die Menschheit nach einem extinction event danach strebt, die Erde hinter sich zu lassen und den Rest des Sonnensystems zu kolonisieren.

Bevor die Lady Astronaut Novels in meinem Regal gelandet sind, hatte ich schon wahnsinnig viel Gutes darüber gehört. Und immer einen weiten Bogen um die Romane gemacht. Warum? Hauptsächlich deshalb, weil ich mir nicht allzu viel darunter vorstellen konnte und – so sehr ich SciFi und alternate history auch mag – meist eher wenig mit alternativen Versionen der jüngeren Geschichte anfangen kann. Dabei hatte ich sogar schon Bücher der Autorin gelesen, die ich wirklich gut fand. Und letztlich konnte ich dann ja doch nicht widerstehen und habe „The Calculating Stars“ und „The Fated Sky“ gelesen – und warte jetzt sehnsüchtig auf „The Relentless Moon“ und „The Derivative Base“, die aber nicht vor 2020 und 2022 kommen werden.

Jedenfalls, Lady Astronaut! Die Geschichte von Elma York, ehemals WASP Pilotin, Mathematikerin und nun Computer bei der International Aerospace Coalition. Die Geschichte einer Welt, in der die Menschheit nach einem extinction event danach strebt, die Erde hinter sich zu lassen und den Rest des Sonnensystems zu kolonisieren. Es ist eine Geschichte voller Wut, Angst und Verzweiflung und voller Liebe und Hoffnung. In der das Weltbild der 50er Jahre und das damit einhergehende Selbstverständnis vieler Leute nicht selten denen im Weg steht, die alles daran setzen, die Menschheit zu retten.

Ich muss ganz ehrlich sagen, während des ersten Drittels hätte ich „The Calculating Stars“ mehrfach am liebsten mit Schwung in die nächste Ecke geschmissen. Das Handlung startet in den frühen 1950ern und Mary Robinette Kowal fängt den ‚Zeitgeist‘ von damals ganz hervorragend ein. Überall sind Männer, die den Frauen um sich herum wieder und wieder sagen, dass sie für diesen oder jenen Job ungeeignet sind. Obwohl sie ohne die Arbeit dieser Frauen völlig verloren wären. Aber Frauen haben, ungeachtet ihrer tatsächlichen Eignungen, im Hintergrund zu bleiben. Es gab immer und immer wieder Szenen, Dialoge und Kommentare, bei denen ich den Männern am liebsten an die Gurgel gegangen wäre, oder eben, da das bei fiktiven Charakteren so schlecht geht, das Buch gern in die nächste Ecke geschmissen hätte.

Die Probleme, gegen die Elma und die anderen Frauen kämpfen müssen, ziehen sich durch beide Romane. Immer und immer wieder stehen sie vor neuen Hürden, die ihnen von allen möglichen Leuten in den Weg gelegt werden und mit denen sich ihre männlichen Kollegen überraschenderweise nie auseinandersetzen müssen. Aber nicht nur Sexismus und Misogynie sind Themen, auch Rassismus ist ein sehr prominentes Element der Geschichte und immer wieder gibt es Szenen, in denen sich die Jüdin Elma mit Antisemitismus konfrontiert sieht. Dazu kommt außerdem noch Elmas eigene Angststörung, aber auch Abelismus in verschiedenen Formen.

Besonders beeindruckend wird dieser Kampf, den Elma auf ihrem Weg ins Weltall unaufhörlich ausfechten muss, durch zwei Dinge: Mary Robinette Kowal zeigt Diskriminierung nicht nur an großen, exemplarischen Szenen auf, sondern stellt sie realistisch als das da, was sie für die diskriminierten Personen ist: Unvermeidlicher Teil ihres Alltags. Und, und das ist der zweite Punkt, der die Darstellung der sozialen Probleme so eindrucksvoll macht, auch ihre Protagonistin steht nicht über den Dingen.

Elma ist zum einen natürlich Opfer von Diskriminierung. Als Frau, als Jüdin, als Person mit mental illness. Zum anderen ist sie aber auch diskriminierend, hat Rassismen und Vorurteile verinnerlicht und ist sich ihrer Privilegien nicht immer bewusst. Aber sie lernt. Im Laufe der Romane wird sie wieder und wieder auf Dinge aufmerksam gemacht oder erkennt sie selbst und sie lernt daraus. Das tun auch die anderen Figuren, an ihr merkt man es aber am deutlichsten, da man einen Einblick in ihre Gedanken und Gefühle erhält. Sie, und die Charaktere um sie herum, sind durch und durch menschlich, voller Fehler und Ecken und Kanten, aber mit der Kapazität zu lernen und zu wachsen.

Sowohl „The Calculating Stars“ als auch die Fortsetzung „The Fated Sky“ von Mary Robinette Kowal sind faszinierende Bücher. Es gibt keine schnelle Action, auch der SciFi Aspekt ist, gerade im ersten Teil, sehr hintergründig, auch wenn sich Space Race Technobabble durch die Bücher zieht. Stattdessen sind die Romane thought pieces rund um Post-WWII Feminismus, Rassismus und andere Ismen. Social criticism, der im Rahmen einer alternate history mit extinction event und space colonization den struggle erkundet, dem marginalisierte Gruppen beim Kampf um ihre Rechte und Träume ausgesetzt waren – und oft noch sind.

Die Romane sind nicht perfekt. Es gab einige Punkte, denen ich etwas zwiegespalten gegenüber stand. Warum wird im zweiten Band, in dem sich der Fokus etwas von anxiety und sexism auf racism verschiebt, dieser aus Sicht der privilegieren Protagonistin erkundet? Ja, es funktioniert über die Aufdeckung ihrer internalisierten Rassismen ganz gut, aber zusammen mit einigen anderen Aspekten, die mit dieser issue im Zusammenhang standen, fühlte es sich doch immer wieder forced an – immerhin ist Elma nicht mal auf der Erde!

Dazu kommen verschiedene Dinge, social issues, die angeschnitten aber nie bis zum Ende verfolgt wurden. Ja, man kann in dem ja doch eingeschränkten Rahmen der Romane nicht alles erkunden, aber ich hatte an einigen Stellen das Gefühl, dass man das doch etwas eleganter hätte lösen können. Und eine Sache, die mich wirklich enttäuscht hat: Das ‚bury your gays‘ Trope. Außerdem fehlt dem zweiten Band die Interaktion zwischen Elma und ihrem Ehemann und generell sind die interpersonal relationships hier nicht so überzeugend.

Für jeden Punkt, der mich nicht überzeugen konnte oder vielleicht sogar enttäuscht hat, gab es aber zum Glück zwei oder drei, die mich faszinieren und begeistern konnten. Ja, Band 2 ist weniger … intensiv als Band 1, aber immer noch ein sehr gutes Buch. Und Band 1 ist einfach großartig. Die Bücher sind nicht ohne, sie beschäftigen sich mit sehr ernsten Themen und gehen immer wieder unter die Haut. Aber gerade das macht sie so wahnsinnig lesenswert. Von mir kriegen die Lady Astronaut Novels von Mary Robinette Kowal daher eine dicke Empfehlung!

Und eine lange Liste mit (nicht wirklich aber kinda spoilery) content notes:

  • Anxiety und grafische Beschreibung von anxiety & panic attacks
  • Versuchter Suizid
  • Sexism
  • Racism
  • Antisemitism
  • Ableism
  • Homophobia
  • Grafische Beschreibungen mehrer Todesfälle
  • Tod eines Ehepartners
  • Psychische Folgen der Todesfälle

Für Fans von…

  • alternate history
  • space travel
  • social criticism

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